Tiroler Gemeinschaftsgarten

Die Gärten von Neu-Rum

Berthold Schwan hat ein abgeschlossenes BWL-Studium, danach hat er jahrelang in der Lebensmittelbranche gearbeitet und immer stärker beobachtet, wie abhängig die Gesellschaft von dieser wird. Da entschied er sich, etwas zu ändern und diesem Prozess zumindest im Kleinen entgegenzuwirken. Im Frühjahr 2015 bringt Berthold deshalb, das bereits in anderen Regionen erfolgreiche Konzept des vom Bauern bepflanzten Gemeinschaftsgartens, nach Tirol. Dank des Engagements des Igler Familienvaters, gibt es den Gemüsegarten zum Mieten jetzt auch bei uns.

Erschienen: 2016, aktualisiert: 2020 / Lesedauer: 4 Minuten / Erfahre hier mehr über Konsum

Zurück zum Ursprung

Auf inzwischen drei Gemeinschaftsgärten in Neu-Rum, Aldrans und Silz können Parzellen eines bereits bepflanzten Ackers gepachtet, gepflegt und geerntet werden. „Der Bezug zu Lebensmitteln, landwirtschaftliches Knowhow und Wissen über Lebensmittel geht in großen Teilen der Bevölkerung leider immer mehr verloren“, so Berthold. Durch sein Projekt, sollen mehr und weniger erfahrene Gärtner wieder mehr Bezug zum eigenen Gemüse erleben.

Wie das funktioniert? Ganz einfach!

Gartengeräte, Wasser und Knowhow werden direkt am Feld kostenlos zur Verfügung gestellt. Neben Tipps zum Anpflanzen, Ernten und Konservieren, werden die Pächter auch immer mit passenden Rezepten zum jeweiligen Gemüse versorgt.

„Der jeweilige Bauer stellt seinen Acker zur Verfügung und unterteilt diesen in Parzellen einer Größe von 40 bis 50 qm. Bevor die Saison beginnt, bereitet er die Gemüsegärten professionell vor und bepflanzt sie mit ca. 20 Biogemüsesorten. Der Bauer steht den Hobby-Gärtnern dann die ganze Saison über zur Seite.“

Der Bauer Charly

Einer der Bauern, Charly Neuner aus Rum, hat festgestellt, dass die Gärtner eine ganz konkrete Lieblingsbeschäftigung am Feld haben: das Gießen. „Ich wunderte mich und hab ein bisschen nachgehakt“, erzählt Charly. Die Pächter seien dies von ihren Balkonpflanzen gewohnt, kam meist als Antwort.

„Da musste ich ihnen erst mal erklären, dass es einen großen Unterschied zwischen Pflanzen in einem Topf zu Hause oder frei am Feld, direkt in der Erde gibt.“ Zu starkes Gießen, tut den Pflanzen am Feld nämlich gar nicht gut.

„Die Wurzeln sollen ja nach unten wachsen und sich die Feuchtigkeit aus der Erde holen. Wenn man zu viel gießt, bleiben die Wurzeln an der Oberfläche und vertrocknen schneller, wenn es wirklich für längere Zeit heiß ist.“

Jäten, gießen, ernten

Auf die Hobby-GärtnerInnen kommt auch ein gewisses Maß an Eigenverantwortung zu, weiß Schwan: „Anfang Mai jeden Jahres fällt der Startschuss und die Parzellen werden an die Gemüsegartenpächter übergeben. Ab dann stehen Jäten, Gießen, Ernten und Nachpflanzen für die Gärtner auf dem Programm. Und natürlich das Kennenlernen von und der Austausch mit anderen Gemüsegärtnern. Bevor die kalte Jahreszeit anbricht, endet die Saison im November mit der Rückgabe der Gemüsegärten. Dann gilt es den Winter abzuwarten, bis im nächsten Frühjahr die neue Gemüsegartensaison beginnt.“

Die Früchte der Arbeit

Klingt nach einem ziemlichen Zeitaufwand. Glaubt man Schwan, hält dieser sich aber in Grenzen: „Erfahrungsgemäß benötigen die GärtnerInnen ein bis zwei Stunden in der Woche, um ihre Parzelle zu pflegen und zu ernten. Das lohnt sich spätestens, wenn die ersten Früchte der getanen Arbeit geerntet werden können."

„Erfahrungsgemäß benötigen die GärtnerInnen ein bis zwei Stunden in der Woche, um ihre Parzelle zu pflegen und zu ernten. Das lohnt sich spätestens, wenn die ersten Früchte der getanen Arbeit geerntet werden können."

Unzählige Möglichkeiten

„Der Ertrag einer Parzelle deckt den Bedarf an regionalem, saisonalem Bio-Gemüse einer Kleinfamilie“. Noch viel wichtiger sind für Schwan aber die immateriellen Vorteile. „Der Gemeinschaftsgarten bietet die Möglichkeit, sich landwirtschaftliches Wissen anzueignen und etwas Nachhaltiges zu tun. Nebenbei kann man beim Arbeiten mit der Erde den normalen Alltagsstress ausblenden und entspannen.“

Der Ertrag einer Parzelle deckt den Bedarf an regionalem, saisonalem Bio-Gemüse einer Kleinfamilie.

Generationenprojekt

Aber auch der Gemeinschaftssinn wird gestärkt. Im letzten Jahr waren Menschen aller Altersklassen und verschiedener Herkunftsländer dabei. „Wann immer ich am Feld war, sah ich lachende Gesichter.  Die Leute tauschten sich untereinander aus, halfen sich gegenseitig, lernten voneinander und waren sehr dankbar für dieses Projekt. Zudem haben wir zwei Volksschulen in das Projekt miteingebunden. Neben dem Anbau von Gemüse lernen die Schüler auch Schädlinge wie z.B. den Kartoffelkäfer kennen. Wenn keine Pestizide eingesetzt werden, ist es normal, dass auch andere beim Gemüse mitnaschen wollen“, schmunzelt Schwan.

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