E-Carsharing im Bezirk Landeck

Schön, wies‘ fährt

Mobilität bringt Möglichkeiten. Wie im Fall von E-Carsharing wird durch die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen die Mobilität vereinfacht, Geld gespart und das Ganze noch dazu klimafreundlich. Egal für welches Alter oder für welchen Zweck. Im Bezirk Landeck haben gleich neun Gemeinden ein E-Carsharing-Modell auf die Beine gestellt. Wir waren vor Ort und haben uns angesehen und angehört, wie der Service von den Bewohner*innen angenommen wurde.

Erschienen: April 2024 / LESEDAUER: 4 Minuten / Erfahre Hier mehr über ElektroMobilität

Die Gemeinde Schönwies im Tiroler Oberland stellt seit gut einem Jahr ihren Gemeindebürger*innen ein E-Carsharing Auto zur Verfügung, das über den Anbieter floMOBIL gebucht und genutzt werden kann. Gemeinsam mit neun weiteren Orten im Bezirk Landeck organisierten sich die Gemeinden bei der Anschaffung der E-Autos und beim Aufbau der Ladeinfrastruktur in den Dorfzentren. Dieses Beispiel zeigt, was gemeinsam möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen und wie erfolgreiche Zusammenarbeit im Sinne von TIROL 2050 energieautonom funktionieren kann.

Drei Nutzer, drei Geschichten

Dass Carsharing-Autos für verschiedenste Zwecke genutzt werden können, ist mittlerweile allgemein bekannt. Dennoch stoßen wir immer wieder auf dieselben Kommentare: „Alles schön und gut, aber für mich nicht geeignet, weil…“ oder „das funktioniert vielleicht, wenn ich die Zeit hätte“ oder „da ich am Land lebe, bin ich auf mein eigenes Auto angewiesen.“ Um die Mobilitätswende, die wir zum Erreichen von unserem gemeinsamen Ziel TIROL 2050 energieautonom benötigen, umzusetzen, ist die gemeinschaftliche Nutzung von E-Autos eine wichtige Säule. Daher geht diese Geschichte auf drei sehr unterschiedliche Nutzungsmöglichkeiten ein, um aufzuzeigen, dass E-Carsharingangebote für unterschiedliche Zielgruppen funktionieren und eine echte Alternative zum eigenen PKW darstellen.

Livio, 30 Jahre, Angestellter.

„Bei mir ist es die Überzeugung“, hören wir von Livio gleich zu Beginn, wenn wir mit ihm über das E-Carsharing reden. Er und seine Freundin besitzen ein Auto, welches allerdings fast ausschließlich von ihr genutzt wird, um beruflich Richtung Innsbruck zu pendeln. „Der klassische Fall ist dann, dass ich mir ein Zweitauto zulegen würde“, meint Livio. Aber das will er nicht. Er will zeigen, dass es anders geht, dass sich ein Auto teilen, nicht kompliziert sein muss und dass sich dabei auch noch eine Menge Geld sparen lässt. „Ich besitze schon seit mehreren Jahren ein Klimaticket, mit dem ich mein grundlegendes Mobilitätsverhalten abdecken kann,“ erklärt er. Den Weg von und zur Arbeit zum Beispiel. „Seitdem es nun das E-Carsharing Angebot im Ort gibt, habe ich auch die Möglichkeit, spontaner zu sein und bin unabhängiger“ führt er fort. Für ihn war das E-Carsharing-Auto der letzte fehlende Baustein in seinem Mobilitätsverhalten. „Ich spare mir hunderte Euro im Monat und muss auf nichts verzichten“, sieht Livio die Vorteile des Angebotes.

„Seitdem es nun das E-Carsharing Angebot im Ort gibt, habe ich auch die Möglichkeit, spontaner zu sein und bin unabhängiger,

Livio

Erwin, 65 Jahre, Pensionist.

Schon etwas direkter führt uns Erwin aus, warum er das E-Carsharing der Gemeinde regelmäßig nutzt. „Zwei Autos in einem Haushalt sind ein riesen Blödsinn“, erklärt er auf die Frage, warum er Teil der ‚Early-Adopters‘ sei, also jene Kunden und Kundinnen, die schon sehr früh von dem neuen Service Gebrauch machten. Und das, obwohl er verhältnismäßig weit oben am Berg wohnt, also das E-Carsharing Auto nicht unmittelbar vor der Türe stehen hat. „Meine Lebensgefährtin ist öfter tageweise in Vorarlberg und da hatte ich bisher kein Auto zur Verfügung“, beschreibt er den Umstand. „Da ist das E-Carsharing-Auto von der Gemeinde perfekt für mich, denn ich kann es über mehrere Tage buchen und dann wieder abgeben. Ich zahle also nur, wenn ich es nutze,“ freut er sich. Ihm gebe es ein Stück Freiheit und Unabhängigkeit im Alter und sorge auch dafür, dass er nicht ständig bei der eigenen Tochter, die nebenan wohnt, anfragen muss, wenn es zum Beispiel um den Einkauf geht. Und selbst an die App zum Buchen gewöhnt er sich, meint er schmunzelnd.

„Zwei Autos in einem Haushalt sind ein riesen Blödsinn“

Erwin

Bernd, 46, Gemeindebediensteter.

„Ich kann durch das E-Carsharing-Auto mehr Zeit mit meiner Familie verbringen“, meint Bernd auf die Frage, was für ihn der größte Vorteil am neuen Service ist. Bernd holt regelmäßig seine zwei Kinder vom Kindergarten und von der Schule mit dem Auto der Gemeinde ab und fährt dann für die Mittagspause nach Hause, die er so mit seiner Frau und seinen Kindern verbringen kann. Nach der Pause geht es die zwei Kilometer zurück ins Dorf zum Abstellplatz des E-Autos und von dort aus wieder in die Arbeit. Das mag zwar keine lange Strecke sein, aber für ein fünfjjähriges Kind eine durchaus nicht zu unterschätzende Distanz. Und da kommt das Auto der Gemeinde gerade recht. „Seitdem es das E-Carsharing-Auto gibt, haben wir kein Zweitauto mehr“, erzählt Bernd und führt fort: „Diese Flexibilität zu einem Bruchteil des Preises eines weiteren Autos möchte ich nicht mehr missen.“

„Ich kann durch das E-Carsharing-Auto mehr Zeit mit meiner Familie verbringen“

Bernd

Jung, alt, mittendrin. Arbeit, Freizeit, Erledigungen, Kindertransport. Am Alter und am Nutzungsverhalten kann es also schon mal nicht liegen, dass sich manche nicht drüber trauen, bestehende E-Carsharing-Angebote zu nutzen. Wir haben alle drei unserer porträtierten Vorreiter gefragt, woran es denn liegen könnte, dass viele Menschen die Vorteile nicht sehen. „Ich glaube, die größte Hürde ist die erste Fahrt. Wenn die einmal getan ist, dann folgt die Zweite“, schätzt Livio die Situation ein. „Die Menschen müssen sehen, dass der Service genutzt wird, auch in realen Lebenssituationen“, erklärt Bernd. Mit ein Grund, warum die Gemeinde das E-Carsharing-Auto auch für dienstliche Fahrten nutzt – sofern verfügbar.

Wie zu erwarten, ist Erwin etwas direkter:

„Die Leit‘ sind selber schuld, wenn sie dieses Angebot nicht nutzen. Viel billiger kann ein Auto nicht werden als bei einem E-Carsharing-Modell. Schließlich kann ich mir alle Kosten für Ankauf, Erhaltung, Strom, Versicherung usw. mit vielen Personen teilen und immer nur einen zeitlichen Anteil während der Nutzung dafür zahlen.“

Recht hat er.

Das Problem mit den (versteckten) Kosten

Rein rational betrachtet, spricht gerade wenn es um den Kostenfaktor geht, eigentlich alles für E-Carsharing. Wirkt ein eigenes Auto in den täglichen Fahrten zwar günstiger, sieht es beim Einbeziehen aller Kosten übers Jahr wie Versicherung, Reparaturen usw. schnell anders aus. Dann werden die tatsächlichen Kosten für ein eigenes Auto sichtbar und bei der Gegenüberstellung gewinnt das E-Carsharing-Modell meist. Dass (Auto-)Mobilität nicht rein rational ist, das ist uns durch die andauernde E-Auto-Debatte bewusst. Jetzt auch noch E-Carsharing? Ja. Und warum? Weil es an der Zeit ist. Unsere Gesellschaft verändert sich – wir verändern uns. Und damit auch unweigerlich unser Mobilitätsverhalten. Warum also nicht mit positiver Grundstimmung auf neue Angebote wie E-Carsharing eingehen? Was ist das Schlimmste, das passieren kann? Dass ich mir selbst eingestehen muss, dass es mir zusagt? Denn arg viel mehr kann eigentlich nicht passieren.

E-Carsharing in deiner Nähe

Du möchtest E-Carsharing selbst ausprobieren? Dann sieh doch nach, ob du in deiner Nähe einen Standort zum Ausleihen findest.

Eine der Initiator*innen des E-Carsharing-Autos in Schönwies hat einen zusätzlichen Vorschlag, um die Hürde zum E-Carsharing zu überwinden. Ihre Idee - am Wochenende einfach mal die Zeit nehmen und als erste Ausfahrt mit dem E-Carsharing-Auto ein richtig sinnloses Ziel aussuchen. Eines, bei dem es nicht um alltägliche Fahrten oder darum geht, etwas zu erledigen. Sondern einfach nur darum, den neuen Service zu erleben und im besten Falle zu genießen.

Und wie wir wissen, folgt auf die erste Fahrt meist die zweite.

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