Erschienen: Mai 2021 / LESEDAUER: 4 Minuten / Erfahre hier mehr über nachhaltigen konsum
Die Geschichte beginnt dort, wo im Moment noch so mancher Weg endet: am Wertstoffhof in Wörgl. Dort werden Abfälle gesammelt und sortiert, sodass sie als „Wertstoffe“ weiterverwendet werden können. Dabei fiel immer wieder auf, dass komplett intakte Gegenstände entsorgt wurden. „Zum Beispiel eine Bratpfanne im Biomüll – dass die dort nicht hineingehört, sollte ja eigentlich klar sein“, erzählt Reinhard Jennewein, Geschäftsführer der Stadtwerke Wörgl, die auch den örtlichen Recyclinghof betreiben. „Die MitarbeiterInnen haben mich immer wieder darauf hingewiesen, dass es hier Aufklärungsbedarf gibt. Sowas verursacht natürlich auch Kosten fürs Aussortieren und Schäden an den Maschinen.“
Wo ein Problem, da gibt es Lösungen, ist sich Jennewein schon 2018 sicher. Er gründet ein Projektteam und geht strukturiert an die Sache heran. Österreichweit gibt es bereits verschiedenste Modelle, um Kreislaufwirtschaft auch im Bereich Haushaltswaren voran zu treiben. Durch den Kontakt mit Wiener und Grazer Initiativen und den direkten Austausch mit Tiroler Akteuren kommt die für Wörgl beste Lösung immer näher in Sicht: Die Re-Use Box.
Rezept für eine Re-Use Box
Man nehme:
Herr Jennewein ist auf das Rote Kreuz und auf uns mit der Idee zugekommen und wir waren sofort dabei.
Simone Rubey, Projektleiterin Volkshilfe Werkbank
Mit ihren mehr als 20 Jahren Erfahrung im Bereich Wiederverwertung und Aufwertung von Gebrauchsgegenständen konnte Simone einige Probleme von Vornherein ausschließen. „Viele Kleinelektrogeräte zum Beispiel sind leider heutzutage so gebaut, dass man sie nicht reparieren kann. Das Produktdesign wäre ja der erste wichtige Schritt der Kreislaufwirtschaft, wird aber noch viel zu selten so gedacht. Deswegen liegt der Fokus der Re-Use Box im Moment auf Waren, die noch funktionstüchtig sind.“
Als aus zwei Haushalten einer wurde und auch jetzt mit unserem kleinen Kind gibt es immer wieder etwas zum Aussortieren. Die Re-Use Box steht bei uns im Keller neben dem Altglas. Wenn ich zum Wertstoffhof muss, nehme ich die gesammelten Sachen einfach mit.
Rebecca Freismuth, Re-Use Box Nutzerin
Die gefüllten Re-Use Boxen werden am Wertstoffhof gesammelt. Ungefähr einmal pro Woche kommen sie in die Werkbank und zum Roten Kreuz. „Während der Lock-Downs wurden besonders viele volle Boxen abgegeben. Letzte Woche haben wir rund 40 abgeholt und seit Projektbeginn waren es insgesamt schon 1530 Stück“, erzählt Milan Turajlic, ein Mitarbeiter der Werkbank. Als nächstes werden die abgegebenen „Schätze“ gesichtet, je nach Zweck sortiert und zur Wiederverwendung vorbereitet. Auch ausrangierte Möbel landen bei der „Werkbank“ und werden dort sogar „upgecycelt“. Gerade wird eine kleine Kommode liebevoll abgeschliffen und neu lackiert.
Ein paar Momente später steht die blauweiße Tasse dann schon im Regal zum Verkauf bereit und wartet auf SchatzsucherInnen. Global betrachtet können laut Prof. Dr. Stuchtey, Experte für Ressourcenstrategie und -management an der Uni Innsbruck etwa die Hälfte der Treibhausgase durch ein Wirtschaften im Kreislauf vermieden werden. Vor allem energieintensive Materialien wie Metalle gilt es möglichst vollständig im Kreis zu führen. „Aber auch durch die Verlängerung der Nutzungsdauer von Gebrauchsgegenständen wird Energie gespart“, erläutert Jennewein abschließend. Jede Energieeinsparung und die vielen kleinen Schritte der Menschen in Tirol helfen uns auf dem Weg zu TIROL 2050 energieautonom. Da genießt man seinen Kaffee doch gleich doppelt, wenn man ihn aus der neuen Lieblingstasse schlürft!