1,2,3, Tirol ist voll dabei

Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften in Landeck, Westendorf und Bach gestartet

Die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft „Unser Strom Landeck“ hat als erste EEG Tirols ein neues Kapitel für TIROL 2050 energieautonom aufgeschlagen. Doch auch der zweite Streich folgte sogleich, die EEG „Thalerhof“ ging wenige Tage später 150 Kilometer östlich in Westendorf ans Netz. Und weil aller guten Dinge drei sind, tauscht auch die EEG „Lechtal“ in Bach jetzt ihren Strom. Die Mitglieder der als Vereine oder Genossenschaft organisierten Energiegemeinschaften nutzen gemeinsam sauberen Strom, der mittels Photovoltaik produziert wird.

Seit vergangenem Jahr bestehen in Österreich die Voraussetzungen zur Umsetzung von Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG), die es ihren Mitgliedern ermöglichen Energie über Grundstücksgrenzen hinweg produzieren, speichern, verkaufen und verbrauchen zu können. Über EEGs können sich Bürgerinnen und Bürger, Gemeinden und KMUs zusammenschließen und gemeinsam eine lokale oder regionale Energieversorgung aus erneuerbaren Energien aufbauen. Die Mitglieder profitieren dabei nicht nur vom guten Gefühl einer sicheren und klimafreundlichen Energieerzeugung vor Ort, sondern auch finanziell durch eine dauerhafte Befreiung vom Erneuerbare-Förderbeitrag, dem vollständigen Entfall der Elektrizitätsabgabe und reduzierten Netznutzungsentgelten. Ein eigenes Stromnetz ist dafür nicht erforderlich – die Energiegemeinschaft wickelt ihren Handel im ganz normalen Stromnetz ab. Die Netzbetreiber stellen die für die Abrechnung erforderlichen Daten bereit. Grundlage dafür sind intelligente Stromzähler an allen beteiligten Anlagen.

Partizipative Energiewende durch EEGs

„Die Erneuerbare Energie-Gemeinschaften sind eine ausgezeichnete Möglichkeit die Bürgerinnen und Bürger an der Umsetzung von TIROL 2050 energieautonom teilhaben zu lassen. Es freut mich sehr, dass drei ganz unterschiedliche Anlagen über ganz Tirol verstreut an den Start gehen und Lehrbeispiele für hoffentlich viele weitere Anlagen sein können“ erklärt der zuständige Landesrat für Energie LHStv Josef Geisler.

Bis 2050 soll Tirols Energiebedarf vollständig mit regional verfügbaren, erneuerbaren Ressourcen gedeckt werden. Sauberem Strom wird dabei die tragende Rolle zukommen – neben dem moderaten Ausbau der Wasserkraft setzt die Energieautonomie vor allem auf Photovoltaik.

Energie Tirol steht als Regionalpartner der „Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften“ allen interessierten Personen in Tirol unterstützend zur Seite.

„Die drei EEGs erfüllen alle notwendigen vertraglichen und organisatorischen Voraussetzungen um Strom aus einer Photovoltaikanlage an ihre Mitglieder zu liefern. Als Regionalpartner sind wir natürlich bei vielen Projekten involviert, die sich gerade in der Planung befinden und können ab sofort praktische Erfahrungen zur Umsetzung weiterer Energiegemeinschaften teilen“, erläutert Bruno Oberhuber, Geschäftsführer von Energie Tirol das Angebot.

Best Practice EEG Thalerhof

Besonders spannend und lehrreich war die Umsetzung der EEG Thalerhof der Familie Riedmann in Westendorf. Auf kurzem Weg wurden unterschiedliche Rechtsformen ausgetestet und schnell und unbürokratisch das beste Modell gefunden.

Das kann auch Martin Riedmann bestätigen: „Gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin und meinen Eltern betreibe ich eine Landwirtschaft im Nebenerwerb. In Rufweite des Wirtschaftsgebäudes und des Elternhauses haben wir vor einigen Jahren unser Wohnhaus nach den Kriterien der Wohnbauförderung so zukunftsfit wie möglich gebaut. Wärmepumpe, Komfortlüftung und Holz aus dem eigenen Wald waren von Anfang an ein fester Teil des Gesamtkonzepts. Allerdings haben wir erst zu spät bemerkt, dass es zum damaligen Zeitpunkt rechtlich nicht möglich war, den Photovoltaik-Strom aus der 100 Meter entfernten PV-Anlage auf der Scheune in unserem Neubau zu nutzen.“

Diese wurde schon vor acht Jahren errichtet und ganz bewusst größer dimensioniert, um auf steigende Energiepreise oder höhere Verbräuche vorbereitet zu sein. Kurz war auch die Idee einer Direktleitung im Gespräch, aber die Kosten standen in keinem Verhältnis.

„Dank Energie Tirol wurden wir nun auf die Möglichkeiten aufmerksam, die EEGs bieten. Wir profitieren einfach und unkompliziert von der großen PV-Anlage, da wir innerhalb der Familie – also zwischen Landwirtschaft, Eltern und uns – den Strom kostenlos verteilen.“

Was nach einem seltenen Fall klingt, hat aber durchaus Potenzial. Oft können auf Dächern von Wirtschaftsgebäuden oder Gewerbeobjekten schnell und vor allem große und günstige Anlagen errichtet werden. Dieser Strom geht dann auf die Reise. In die eigene Wohnung oder von einer Betriebsniederlassung zur nächsten. Richtig rund wird die Sache, wenn sich auf mehreren Dächern Anlagen mit unterschiedlicher Ausrichtung befinden. So hat man den ganzen Tag über die maximale Versorgung der Gemeinschaft mit eigenem Sonnenstrom. Aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen ist der Austausch von Strom über das eigene Umspannwerk hinaus bei einer Erneuerbaren Energiegemeinschaft nicht möglich. BürgerInnen-Energiegemeinschaften jedoch können auch in Zukunft den Strom in ganz Österreich über sogenannte Systemgrenzen hinweg handeln und tauschen.

Die Rolle der Netzbetreibenden

Auch den Verteilnetzbetreibern kommt bei der Errichtung und dem Betrieb von Energiegemeinschaften eine zentrale Rolle zu, da diese u. a. für den Datenaustausch und die Zuordnung der Energiemengen verantwortlich sind. Selbstverständlich haben auch diese mit dem Thema Neuland betreten, aber sind durch die ersten Umsetzungsprojekte nun bestens gerüstet.