Tirol ist und bleibt Vorreiter beim Bodensparen

Weniger als zwei Prozent der Landesfläche versiegelt
  • Verländerung des Volkswohnungswesens:
    Leerstandsabgabe soll noch heuer novelliert werden
  • Initiative „Sicheres Vermieten“:
    über 1.000 Quadratmeter Leerstand zur Vermietung angeboten
  • Wohnbauförderung bei bestehendem Wohnraum: 27.500 Euro Erwerbsförderung

Tirol setzt seit vielen Jahren auf einen sorgsamen und sparsamen Umgang mit Grund und Boden. Österreichweit nimmt Tirol eine Vorreiterrolle ein und erfüllt bereits zahlreiche Parameter, die vom Bund in der „Nationalen Bodenstrategie“ festgehalten sind. Deren Anerkennung hat die Tiroler Landesregierung heute, Dienstag, beschlossen und bekennt sich dabei zum nationalen „2,5-Hektar-Ziel“. Dieses sieht vor, dass bis 2030 österreichweit pro Tag maximal 2,5 Hektar Fläche in Anspruch genommen werden sollen. Tirol erfüllt dieses Ziel anteilsmäßig bereits jetzt zum wiederholten Male.

LH Anton Mattle, LHStv Georg Dornauer und LHStv Josef Geisler nahmen den heutigen Beschluss zum Anlass, um auf dahingehende zahlreiche Maßnahmen zu verweisen: von landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen, Vorgaben zum bodensparenden Bauen oder der Widmungsbilanz über die Ortskernrevitalisierung und das Projekt „Sicheres Vermieten“ bis hin zur Leerstandsabgabe.

„Diesen Weg wollen wir konsequent weiter gehen, denn Tirol soll Vorreiter beim Bodensparen bleiben“, waren sich die Regierungsmitglieder heute einig.

„Die Tirolerinnen und Tiroler gehen verantwortungsbewusst, nachhaltig und sparsam mit der Landesfläche um. Der sorgsame Umgang mit Grund und Boden hat für uns vier Kapitel: Boden sparen und sorgfältig einsetzen, versiegelte Flächen doppelt nutzen, Wohnraum sanieren und nachverdichten sowie Leerstand mobilisieren und Eigentümerinnen und Eigentümer beim Vermieten unterstützen. In Tirol sind 477 Quadratmeter pro Einwohner gewidmet. Damit sind wir gemeinsam mit Vorarlberg – mit Ausnahme von Wien – jenes Bundesland mit dem geringsten Flächenverbrauch“, bekräftigt LH Mattle das heutige Bekenntnis zur österreichischen Bodenstrategie.

„Grund und Boden sind in Tirol seit jeher ein knappes und gleichzeitig teures Gut. Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst und gehen sorgsam mit dieser nicht vermehrbaren Ressource um. Die Nationale Bodenstrategie bildet den Rahmen für die zahlreichen gesetzlichen Bodenschutzmaßnahmen, die wir in Tirol bereits haben“, erklärt LHStv Geisler.

Die Bodenstrategie verfolgt vier übergeordnete Ziele: den Schutz von Frei- und Grünland, die Unterbindung der Zersiedelung, die effiziente Innenentwicklung und die Intensivierung der Bewusstseinsbildung und Öffentlichkeitsarbeit. 

Sorgsamer Umgang, aber keine Käseglocke

Untermauert wird Tirols erfolgreicher Weg auch von der österreichischen Raumordnungskonferenz, die Tirol einen sparsamen Umgang mit Grund und Boden attestiert – Tirol ist bei allen Parametern unter dem Österreichschnitt. Laut Widmungsbilanz zum 1. Jänner 2024 wurden in Tirol im vergangenen Jahr 2023 in Summe 66 Hektar neu für eine bauliche Widmung gewidmet. Das ist ein Drittel weniger als noch im Jahr zuvor. Damit liegt Tirol mit seinem Anteil von rund zehn Prozent deutlich unter den Zielwert von 2,5 Hektar pro Tag.

„Die gesetzlichen Vorgaben sind bei Neuwidmungen sehr restriktiv. Einen generellen Widmungsstopp wird und kann es aber nicht geben. Wir brauchen beispielsweise dringend Flächen für den geförderten und somit leistbaren Wohnbau“, stellt LHStv Geisler klar.

Vor dem Hintergrund des Bodensparens sei zudem nicht allein die Widmung entscheidend, sondern der tatsächliche Versiegelungsgrad. Und dieser liegt in Tirol bei weniger als zwei Prozent der Landesfläche. Rund ein Viertel des Dauersiedlungsraums (37.000 Hektar) sind als landwirtschaftliche Vorrangflächen und Grünzonen vor Verbauung geschützt. Im heurigen Jahr 2024 kommen im Zillertal weitere 90 Hektar an landwirtschaftlichen Vorsorgeflächen dazu. Bereits seit dem Jahr 2015 weist Tirol Vorrangflächen für die landwirtschaftliche Produktion aus.

Leerstand mobilisieren

Tirol ist neben der Steiermark und Salzburg eines der wenigen Bundesländer, die bereits eine Leerstandsabgabe eingeführt haben. Mit der Verländerung des Volkswohnungswesens ist dabei künftig auch ein Steuerungseffekt möglich.

„Grundsätzlich ist mir die Besteuerung von Eigentum etwas Unsympathisches. Wir haben aber in Tirol gesehen, dass mit Wohnraum sehr viel spekuliert wird. Und gerade diesen spekulativen Leerstand wollen wir mit der Abgabe bekämpfen. Gleichzeitig legen wir allen Eigentümerinnen und Eigentümern mit dem Projekt ‚Sicheres Vermieten‘ ein attraktives Angebot, um zu unterstützen und Sorgen beim Vermieten abzunehmen“, wertet LH Mattle die bundesgesetzlichen Änderungen beim Volkswohnungswesen als Erfolg, ist doch die Initiative 2022 von Tirol ausgegangen.

Mit Ende April wird erstmals eine Bilanz zur Leerstandsabgabe gezogen werden können.

Der Landeshauptmann kündigt aber bereits jetzt eine Novelle des Tiroler Freizeitwohnsitz- und Leerstandsabgabegesetzes noch in diesem Jahr an.

„Ich habe die Fachabteilung bereits angewiesen, ein externes Gutachten zu beauftragen, das uns auf Basis der Verländerung des Volkswohnungswesens mögliche Abgabenhöhen und steuernde Möglichkeiten aufzeigt. Klar ist aber auch, dass nicht jeder Leerstand schlecht ist. Insbesondere der Bedarf für die eigenen Kinder oder die Rücksicht auf den Sanierungsbedarf bleiben als Ausnahmen von der Leerstandsabgabe bestehen. Unser Ziel ist es, mit all den Mobilisierungsmaßnahmen mehr Wohnungen auf den Markt zu bekommen. Meine Devise lautet: Sicher vermieten statt Leerstandsabgabe zu bezahlen“, ist LH Mattle überzeugt.

„Sicheres Vermieten“ als attraktives Angebot

So gibt es für Leerstand mehrere Gründe – unter anderem Unsicherheiten in Verbindung mit einer Vermietung. Hier setzt seit Ende des Vorjahres die Landesinitiative „Sicheres Vermieten“ an. Ziel ist es, bereits bebauten Wohnraum zu leistbaren Bedingungen auf den Markt zu bringen und für Vermieter*innen und Mieter*innen ein Mehr an Sicherheit durch die Koordination durch die Initiative „Sicheres Vermieten“ zu bieten. Im Rahmen des Pilotprojekts wurden dem Land bis dato 64 leerstehende Wohnungen mit durchschnittlich 78 Quadratmetern zur Vermietung angeboten.

„Bis Juni werden wir mindestens 1.000 Quadratmeter bereits gebauten Wohnraum zu leistbare Bedingungen aktivieren können. Das Interesse von Vermieter- und von Mieterseite ist gleichermaßen da. Die Erfahrung zeigt, dass dieses ‚Sorglos-Paket‘ viele Vermieterinnen und Vermieter überzeugt. In den nächsten Monaten soll die Initiative von der Pilotphase in den Regelbetrieb übergehen und weiterhin eine attraktive Alternative zur Leerstandsabgabe bilden“, so LHStv Geisler.

Dazu benötigt es eine EU-weite Ausschreibung, die nun vorbereitet wird.

„Auch wenn jedes einzelne Angebot individuell begutachtet und analysiert wird, lohnt sich dieser Aufwand: Jeder einzelne Quadratmeter, den wir durch diese Initiative aktivieren und dem Leerstand entziehen, ist ein Erfolg“, betont der Raumordnungsreferent.

Wohnbauförderung als weiteres Mosaik in der Leerstandsaktivierung

Leistbare Bedingungen sind es auch, die bei der Wohnbauförderung im Fokus stehen. Erst gestern, Montag, gab LHStv Dornauer bekannt, dass diese angepasst wird:

„Es ist besonders erfreulich, dass im Vergleich der Jahre 2022 und 2023 ein Plus von acht Prozent bei den Vorbehaltsflächen für den geförderten Wohnbauförderungen zu verzeichnen ist. Auch hier müssen wir weiter dranbleiben, wenn wir über den sparsamen Umgang von Grund und Boden sprechen.“ So wird ab sofort der Erwerb bereits bestehender Wohnungen künftig mit pauschal 27.500 Euro gefördert, um allfälligem Leerstand vorzugreifen. Auch die Einkommensgrenzen wurden nochmals erhöht, sodass noch mehr Menschen von der Wohnbauförderung profitieren können.